„Geschichte
wiederholt sich nicht
— aber sie reimt sich.“

Die NSDAP hatte zum Zeitpunkt der Machtübernahme durch Hitler gerade einmal 33%. Trotzdem konnte sie die Demokratie von innen heraus aushöhlen.

Nur wenn wir uns damit beschäftigen, wie es damals angefangen hat, können wir unsere Demokratie davor beschützen, dass so etwas noch einmal passiert.

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Wir wollen die NS-Zeit und ihre Verbrechen in keinster Weise verharmlosen, sondern bestimmte Parallelen von Mustern aufzeigen, die es damals wie heute gab, damit solche Dinge nicht im Ansatz wieder passieren können.

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Große Unzufriedenheit: Der perfekte Nährboden

Um den Aufstieg der NSDAP zu verstehen, muss man dorthin zurückblicken, wo alles begann: in die . Die erste Demokratie Deutschlands — eine schwache Demokratie ohne echte Demokrat:innen, die schon bei den kleinsten Erschütterungen ins Wanken geriet.


Mit der schossen die Arbeitslosenzahlen in die Höhe und die Armut stieg. Viele Menschen waren unzufrieden mit ihrer Situation.

Anzahl der Arbeitslosen in Millionen
Arbeitslosenzahlen in den Weimarer Republik

Nach einem Koalitionsstreit über die Finanzierung des Arbeitslosengeldes zerbrach die SPD-geführte Regierung endgültig — und mit ihr die letzte Stabilität.


Die Wirtschaftskrise hat den Aufstieg der NSDAP keineswegs verursacht, aber durchaus begünstigt und beschleunigt.

„Die da sind schuld!“

Die NSDAP nutzte die Unzufriedenheit der Menschen gezielt, um Ängste und Unsicherheiten in der Bevölkerung für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Sie machten Juden, Kommunisten und die Weimarer Demokratie für das wirtschaftliche Elend verantwortlich.

Beispiel

Juden als zentrale Feinde ihrer Ideologie

Sie warfen ihnen vor, sowohl den Kapitalismus als auch den Kommunismus zu kontrollieren und bezeichneten die Weimarer Republik als „Judenrepublik“. wurde genutzt, um diffuse Ängste vor Modernisierung und sozialen Veränderungen auf Juden zu projizieren und sie als Sündenböcke für wirtschaftliche und gesellschaftliche Probleme darzustellen.


Nach der Machtübernahme 1933 setzte die NSDAP systematisch diskriminierende Gesetze durch, isolierte Juden aus der Gesellschaft und organisierte Hetzkampagnen sowie Gewaltakte, welche schließlich im gipfelten.

Juden als zentrale Feinde ihrer Ideologie

Ähnliche Mechanismen lassen sich heute bei der AfD beobachten. Statt Juden stehen nun insbesondere Muslime und Migranten im Zentrum der Hetze. Begriffe wie „Islamisierung“, „Umvolkung“ und „Masseneinwanderung“ provozieren gezielt Ängste vor einer angeblichen Bedrohung der nationalen Identität. Aussagen wie „Mehr Migration führt zu mehr Kriminalität und Gewalt“ oder die Abwertung von Migrantenkindern als „arabische Invasion“ zeigen, wie bewusst Ressentiments und Ängste geschürt werden.

Steigender Hass

Diese Feindbilder boten der NSDAP die Gelegenheit, durch Hasspropaganda ihre eigene politische Basis zu stärken und die Gesellschaft weiter zu spalten. Obwohl Juden weniger als ein Prozent der Bevölkerung ausmachten, wurden sie zum Hauptziel dieser Hetze und für nahezu alle Probleme der Zeit verantwortlich gemacht. Diese wachsende Polarisierung führte zu einem Klima der Intoleranz und Gewalt, welches den Boden für die spätere systematische Verfolgung jüdischer Bürger bereitete.


, eine Holocaust-Überlebende, sieht hier vor allem Parallelen zu den jetzigen Entwicklungen:


© DER SPIEGEL

Die AfD schürt Hass gegen Minderheiten, indem sie Muslime als „große Gefahr“ darstellt und ihre wachsende Zahl als Bedrohung für Staat und Gesellschaft bezeichnet. Damit grenzt sie eine gesamte Religionsgemeinschaft aus, schürt Ängste vor einer vermeintlichen Islamisierung und schafft einen Nährboden für Gewalt.


Diese Strategie der Angstmacherei geht jedoch über den antimuslimischen Rassismus hinaus. Die AfD verbreitet auch Verschwörungsmythen wie den „Großen Austausch“, der suggeriert, das „deutsche Volk“ werde gezielt durch Migranten ersetzt. Funktionäre wie Alexander Gauland nutzen diesen Mythos, um Ängste zu schüren und Rassismus zu fördern. Diese Narrative sind oft anschlussfähig an antisemitische Theorien, da sie Begriffe wie „globalistische Eliten“ verwenden, die klassische antisemitische Stereotype bedienen.


Der Verfassungsschutz wirft der AfD außerdem vor, zwischen „Deutschen“ und sogenannten „Passdeutschen“ zu unterscheiden, um Menschen mit Migrationshintergrund herabzuwürdigen. Auch andere Minderheiten, wie queere Menschen, werden durch Begriffe wie „Gender-Ideologie“ oder „Frühsexualisierung“ als Bedrohung dargestellt.

„Die Medien lügen und die Demokratie ist nicht fair“

Die NSDAP verachtete den und die politischen Parteien der Weimarer Republik zutiefst und machte sie für soziale Gegensätze und die „widernatürliche Spaltung des Volkes“ verantwortlich.


Des Weiteren griff sie gezielt die etablierten Medien an und stellte sie als unglaubwürdig dar, während sie gleichzeitig ihre eigenen Propagandakanäle aufbaute. Die „Mainstream-Presse“ wurde beschuldigt, „die Wahrheit“ zu verschleiern und gegen die Interessen des deutschen Volkes zu handeln.


Fast identische Mechanismen werden heutzutage von AfD-Mitgliedern verwendet:


Mechanismus 1

Delegitimierung politischer Institutionen

  • Die AfD verwendet häufig Begriffe wie „Altparteien-Kartell“ oder „Regime“, um etablierte Parteien abzuwerten und diese als geschlossenes Machtkartell darzustellen.
  • Des Weiteren bezieht sie sich auf die Darstellung des Bundestages als „abgehobene Elite“, die „gegen das Volk“ regiert.
  • Auch verbreitet sie Zweifel an der Unabhängigkeit von Gerichten und der Justiz, welche laut ihr nicht frei von politischer Einflussnahme sind.

Mechanismus 2

Angriffe auf Medien („Lügenpresse“)

  • Teile der AfD behaupten, die Medien seien „gesteuert“ oder nutzen Worte wie „Systempresse“, um Unsicherheiten und Misstrauen zu schüren. Außerdem hat die AfD mehrfach Medien kritisiert und ihnen vorgeworfen, nicht neutral zu berichten.

Mechanismus 3

Stimmungsmache gegen Wahlen und Wahlprozesse

  • Politiker der AfD machen immer wieder Andeutungen darauf, dass Wahlen manipuliert oder gefälscht seien.
  • Außerdem fordert die Partei radikale Änderungen im Wahlsystem, um eigene Machtchancen zu erhöhen. Im August 2024 forderte der stellvertretende AfD-Landesvorsitzende von Sachsen-Anhalt, Hans-Thomas Tillschneider, dass die AfD bei der Bundestagswahl 2025 auf Direktkandidaten verzichten und ausschließlich über die Landesliste antreten solle. Er bezeichnete das personalisierte Verhältniswahlrecht als „Fehlkonstruktion“.

„So war das doch gar nicht“

Die NSDAP nutzte die Umdeutung und Relativierung der Geschichte gezielt zur Rechtfertigung ihrer Ideologie und Herrschaft.


Insbesondere die Kritik am wurde dazu verwendet, um gegen die Weimarer Republik zu hetzen und die Demokratie zu delegitimieren.


Mit der zeichneten sie ein Bild, wonach Deutschland im Ersten Weltkrieg nicht militärisch besiegt, sondern von inneren Feinden verraten worden sei. Der Versailler Vertrag wurde als Demütigung und Deutschland als Opfer des ersten Weltkriegs dargestellt. Die Strafen darin seien ungerecht und lediglich ein Instrument zur Schwächung Deutschlands. Auch die Kriegsschuld wurde in Frage gestellt. Diese Sichtweise traf zunehmend auf Akzeptanz der Bevölkerung, die vor allem unter den Reparationszahlungen wirtschaftlich litt.

Versaille

Heute arbeitet die AfD mit ähnlichen Mitteln, um die nationalistischen Ideologien zu rechtfertigen.


Beispiel

Hitler als Linker

In den vergangenen Wochen hat Alice Weidel (AfD) mehrfach behauptet, dass Hitler ein (linker) Kommunist gewesen sei.


Diese Behauptung ist historisch und faktisch eindeutig widerlegt.


Zwar trug die NSDAP das Wort „sozialistisch“ in ihrem Namen, doch ihre Ideologie stand in direktem Widerspruch zu sozialistischen Ideen. Kommunisten waren die politischen Gegner Hitlers und wurden von Beginn an verfolgt. Hitler selbst stellte bereits 1928 klar, dass die NSDAP keine sozialistische Partei sei.


Auch gibt es zahlreiche Beispiele, in denen Mitglieder der AfD-Parteispitze Verbrechen der NS-Zeit relativieren oder versuchen, historische Ereignisse positiv „umzudeuten“.


„Das große Problem ist, dass Hitler als absolut böse dargestellt wird. Aber selbstverständlich wissen wir, dass es in der Geschichte kein Schwarz und Weiß gibt.“

Björn Höcke (AfD)

Populismus schafft einfache Lösungen für deine Ängste

In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit suchen Menschen oft nach einfachen Lösungen, die schnelle Erleichterung versprechen. Populistische Parteien wie die NSDAP oder die AfD machen sich das zunutze. Sie schüren zuerst künstlich Angst, um anschließend mit ihren scheinbar einfachen Lösungen Stimmen zu gewinnen.

Beispiel

Problem: Hohe Strompreise Lösung: Kernkraft

Laut einem Antrag der AfD gefährdet der Ausbau der erneuerbare Energien unseren Wohlstand und die deutsche Wirtschaft.

[Die] Probleme bei der Energieversorgung sind hausgemacht und vernichten Wohlstand bei gleichzeitig schwindender Versorgungssicherheit.

Ihre Lösung? Eine Rückkehr zu Atom- und Kohlestrom. Doch diese Strategie steht im Widerspruch zu wissenschaftlichen Erkenntnissen und globalen Trends.


Weltweit wird der Ausbau erneuerbarer Energien massiv vorangetrieben. Auch sind die Stromerzeugungskosten aus erneuerbaren Quellen mittlerweile günstiger, als die aus Kernkraft.


Kosten der Stromproduktion in Deutschland bei neu errichteten Kraftwerken (in Cent je Kilowattstunde) Stromproduktion in Deutschland

Die Strategie, die wirtschaftliche Lage auszunutzen, um durch einfache Lösungen politischen Aufstieg zu erlangen, erinnert an die NSDAP nach der Weltwirtschaftskrise. Damals suchten die Menschen verzweifelt nach schnellen Lösungen und nicht nach langwierigen demokratischen Prozessen.

Beispiel

Hitler und die Wirtschaftskrise

Hitler und die NSDAP präsentierten sich als starke Führer mit klaren, leicht verständlichen Antworten, wie dem Ausstieg aus dem Versailler Vertrag und gewannen so die Massen für sich.


So zum Beispiel ein Wahlplakat der NSDAP aus dem Jahr 1932. Die Ketten werden symbolisch für die, im Versailler Vertrag vereinbarten, Reparationen verwendet.

Hitler Wahlplakat

Gleichzeitig befeuert die AfD auch z.B. die Angst vor fremden Kulturen und einem sozialen Chaos, indem konkrete Sachverhalte bewusst übertrieben dargestellt werden. Illustriert durch einfache, aber eindringliche Bilder auf Social Media skizziert die Partei immer wieder ein Bild, in dem „Deutsche fremd im eigenen Land sind“. Dabei nutzt sie auch immer wieder gezielt Begriffe wie „Umvolkung“ oder „Bevölkerungsaustausch“, die ursprünglich aus der Ideologie der stammen und suggerieren, dass eine gezielte Ersetzung der deutschen Bevölkerung durch Migranten stattfinde.


Der Begriff „Remigration“, der ebenfalls von Höcke propagiert wird, beschreibt die massenhafte Abschiebung von Menschen mit Migrationshintergrund – auch solcher mit deutscher Staatsbürgerschaft.

Beispiel

Abschiebetickets

Die NSDAP hat damals „Zugtickets nach Jerusalem“ verteilt. Quasi identische Tickets hat später die NPD und 2025 auch die AfD in den Umlauf gebracht.

„Zugticket“ der NSDAP Abschiebeticket der NSDAP
„Rückflugticket“ der NPD Abschiebeticket der NPD
„Abschiebeticket“ der AfD Abschiebeticket der AfD

Frühe Warnungen

Schon früh gab es deutliche Warnsignale für die Gefahr, die von der NSDAP ausging. In seinem 1925 erschienenen Buch verbreitete Adolf Hitler beispielsweise schon offen antisemitische und rassistische Ideologien. Darin kündigte er unter anderem seine Pläne zur Errichtung einer Diktatur, zur Verfolgung politischer Gegner und zur Ausgrenzung jüdischer Bürger an.


Zudem warnten Politiker wie , sowie Arbeiterbewegungen und linke Parteien schon früh vor Hitler und der NSDAP und sprachen sich für ein Betätigungsverbot der Partei aus. Zu den frühen Gegnern gehörte auch der junge Aktivist Herbert Frahm — später bekannt als . Er engagierte sich in der sozialistischen Bewegung und prangerte die Ideologie der NSDAP in Zeitungsartikeln und Versammlungen an.


Auch heute gibt es klare Warnsignale vor der AfD. Beispielsweise gelten die Landesverbände in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt als und sechs weitere wurden als eingestuft. Auch gibt es von verschiedenen Institutionen und Parteien Bestrebungen, die . Die Initiative „Politische Schönheit“ hat auf der Website afd-verbot.de dazu bereits 2.388 Beweise gesammelt, die für ein Parteiverbot sprechen könnten.


Auch die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer warnt vor der aktuellen Entwicklung: „So hat es damals auch angefangen“.

Um auszuschließen, dass für die Demokratie gefährliche Parteien an die Macht kommen, war es in den letzten Jahren politischer Konsens, nicht mit demokratie­feindlichen & extremistischen Parteien zusammenzuarbeiten.
Insbesondere eine Zusammenarbeit mit der AfD haben sämtliche demokratische Parteien wiederholt ausgeschlossen.

Diese Strategie wird auch als bezeichnet.

Es muss eine ganz klare und messerscharfe Abgrenzung zum politischen Extremismus geben.
Friedrich Merz (CDU) · 06.07.2019
Wir arbeiten nicht mit einer Partei zusammen, die in ihren Reihen Neonazis und Rechtsradikale nicht nur duldet, sondern sogar fördert. Punkt.
Friedrich Merz (CDU) · 30.11.2019
Es ist unsere Grundüberzeugung, dass es eine Brandmauer gegen Rechts geben muss. Wir bekräftigen daher, dass wir grundsätzlich auf allen Ebenen ablehnen, mit der AfD zusammenzuarbeiten oder eine Abhängigkeit von der AfD in Kauf zu nehmen.
Beschluss des Bundesvorstandes (FDP) · 07.02.2020
Wir sollten vereinbaren [...], dass wir nur die Entscheidungen auf die Tagesordnung des Plenums setzen, über die wir uns zuvor mit Ihnen von der SPD und den Grünen in der Sache geeinigt haben.
So, dass weder bei der Bestimmung bei der Tagesordnung, noch bei den Abstimmungen hier im Haus in der Sache auch nur ein einziges Mal eine zufällige oder tatsächlich herbeigeführte Mehrheit mit denen da [AfD] zustande kommt.
Friedrich Merz (CDU) · 13.11.2024
„Mir ist es völlig gleichgültig, wer diesen Weg politisch mitgeht.“
Friedrich Merz (CDU) · 23.01.2025

Am 29. Januar 2025 wurde im Bundestag erstmals ein Antrag angenommen, bei dem die Stimmen der AfD-Fraktion für die Mehrheit entscheidend waren. Die Unionsfraktion hat dies mindestens in Kauf genommen, da sie den Antrag eingebracht hat, obwohl klar war, dass es nur mit der AfD zu einer Mehrheit kommen kann.


Da es sich nicht um ein konkretes Gesetz gehandelt hat, sondern nur um einen Entschließungsantrag zur Regierungserklärung, ist die Frage umstritten, ob dies als „Zusammenarbeit" zu werten ist. In jedem Fall war dies eine gefährliche Annäherung an die AfD und ein Novum im Bundestag.

Was kann ich tun?

  • Eine demokratische Partei wählen, die sich für die Brandmauer einsetzt.
  • Freunde und Verwandte motivieren, zur Wahl zu gehen.
  • Demokratische Initiativen finanziell und durch deine Reichweite unterstützen.
  • Unsere Webseite teilen — gerne einfach diesen Link. Ansonsten haben wir hier einige Share-Bilder vorbereitet.

Ein Stück Hoffnung

Unsere Demokratie heute ist wesentlich wehrhafter als die Weimarer Republik.

Es existieren zahlreiche verfassungsrechtliche Schutzmechanismen, wie die sogenannte , die das Aushöhlen unserer Demokratie deutlich erschweren. Auch gibt es einige institutionelle Kontrollen, wie den oder das , die speziell dafür eingerichtet wurden, die demokratische Ordnung zu schützen.

Vor allem aber: Durch die Erfahrungen aus der NS-Zeit haben wir die Möglichkeit, uns rechtzeitig gegen den Extremismus zu wehren.
Aber wir müssen es auch tun.

Ihr seid nicht für das veranwortlich, was geschah. Aber dass es nicht wieder geschieht, dafür schon.

Max Mannheimer (Holocaust-Überlebender)